Dezember


Zwei Tage bleiben wir Jaipur bis wir wieder unser Motorrad packen und nach Pushkar fahren. Hier treffen wir unsere Freunde Gesa und Fabrice aus Frankfurt, die wir auf dem Summer Horizion Unlimited kennengelernt haben und die ebenfalls, jedoch mit zwei Motorrädern, auf dem Weg Richtung Osten sind. Seit Wochen freuen wir uns schon sie zu treffen. Die Fahrt führt durch eine Landschaft, in der wir uns gut vorstellen können auf Tiger im hohen Gebüsch zu treffen. Hier ist eine „Mogli Landschaft“. Sehr schön.

Auf halber Strecke machen wir einen Abstecher zu einer Quelle, die wegen Ihrer Treppenformationen und dem angrenzenden Tempel sehr bekannt geworden ist. Der Stufenbrunnen Chand Baori ist ein optisches Meisterwerk und architektonisch sehr interessant. Hier zu sein freut uns sehr.

Pünktlich zu einem sagenhaften Sonnenuntergang kommen wir in Pushkar an. Gesa und Fabrice sind schon da und endlich können wir unsere Reisegeschichten austauschen, plaudern und gemeinsam Abendessen. Einfach schön die beiden zu sehen.

Pushkar ist für die Inder eine bedeutsame Stadt am Pushkar See. Der See mit seinen Ghats (Treppen, die zum Gewässer führen) gilt für die Inder als heilig. Sie waschen sich hier und bitten für Gesundheit. Der Brhama Tempel ist von unserem Hotel aus wunderschön zu betrachten. Unser Hotel grenzt direkt am See. Frühstück mit Blick. Ein Traum. Wie bummeln gemeinsam durch die kleine Stadt und freuen uns des Lebens.

Wir verbringen sehr schöne ruhige Tage mit Gesa und Fabrice am Pushkar See. Bummeln durch die Stadt, probieren uns durch die Street Food und ayuvedische Küche (die übrigens der Hammer ist) und lassen die Seele baumeln. Herrlich. Danke für die Zeit mit euch. Es war sehr schön euch zu treffen.

Während Gesa und Fabrice auf dem Weg nach Jaipur fahren, sind wir auch wieder auf unserem Donkey unterwegs Richtung Jodpuhr. Doch kurz vor der Abfahrt, man sind wir spontan, biegen wir in eine andere Richtung und zwar nach Chitturgahr. Alle Sehenswürdigkeiten liegen auf einem Festungsberg, der von einer 11 km langen Mauer umgeben ist. Es ist beeindruckend an sich die Festung von unten zu sehen. Mächtig, stark und groß. Innerhalb der Festung stehen mehrere Palaste, Tempel, Siegetürme, Seen und Wasserfälle. Das Areal ist riesig und obwohl es ein UNESCO Weltkulturerbe ist dürfen wir innerhalb der Festung mit dem Motorrad fahren. Das machen wir auch. Einmal ganz herum. Mit dem Motorrad in einem UNESCO Weltkulturerbe herumfahren. Abgefahren.

 Wir fahren immer südlicher. Die Landschaft wird immer dschungeliger, es wird merklich wärmer, die Luftfeuchtigkeit steigt und das Essen ändert sich. Jetzt gibt es Thalas zu essen und viel mehr Früchte. Wir genießen die neue Küche und probieren uns ungeniert durch. Lecker.

 

Wir kommen schon pünktlich nach einer tollen gediegenen Fahrt auf guten Straßen in Udaipur an, freuen uns schon, dass wir in das Hostel gehen werden, in dem Till schon vor 10 Jahren war, als uns mitten zur menschenüberfülltesten Zeit am Tag und noch mitten in der Altstadt in der kleinsten Gasse die Maschine absäuft. Sie springt nicht mehr an. Schieben. Till und ich. Das Hotel war leider noch zu weit weg um es dorthin zu schieben, daher läuft Till voraus um das Hotel abzuchecken und ich bleibe mit dem Motorrad zurück. Was wir bis jetzt noch nicht wissen: in den nächsten Tagen wird unsere Maschine im Mittelpunkt stehen. Nicht nur für die nächsten zwei Stunden, die ich mit dem Motorrad in dieser Bazarstraße auf Till warte, der sich um eine neue Batterie bemüht. Natürlich war der Standort genau perfekt um stehen zu bleiben. Mittendrin statt nur dabei und direkt vor einem Unterwäschladen für Frauen. Prima! Die Menschen sammeln sich um mich und der ungewöhnlich großen Maschine. Erst bildet sich eine Traube. Sie schauen. Sind neugierig. Fragen mich aus. Dann muss ich die Maschine verteidigen „please don´t touch“. Ich war die ersten 30 Minuten nur damit beschäftigt, dass keiner an der Maschine herumdreht, sich unerlaubt draufsetzt oder ungewollt selfies mit mir machen. Gut dass die naheliegenden Shopbesitzer mich dabei unterstützen und die Leute darauf aufmerksam machen, das Motorrad nicht unerlaubt zu berühren. Ich entspanne mich langsam, hoffe nur dass Till schnell wieder kommt und wir das Problem mit der Maschine lösen können. Langsam werde ich warm mit meiner Umgebung. Die Shopbesitzer laden mich auf Tee ein und ich komme ins Gespräch. Ich erfahre ein wenig über das Leben, Familienleben und die Strukturen der Inder. Nach einer Weile scheue ich mich auch nicht direkt Fragen zu stellen, die mich interessieren. Ich erfahre in meiner Wartezeit sehr viel privates. Sie sind erstaunlich offen und so vergehen zwei Stunden im Nu. Kurz vor Ladenschluss, es ist schon lange dunkel und 21 Uhr, mache ich mir Sorgen ob Till mich überhaupt wieder findet, da spricht mich eine junge Frau an. Sie hat mich gesehen und wollte wissen, ob alles in Ordnung sei mit mir und ob ich Hilfe bräuchte. Sie sei selber Motorradfahrerin einer Enfield und im Motorradclub Mitglied. Sie gibt mir ihre Kontaktdaten und bittet mich, mich bei ihr zu melden. Sie könne uns mit Mechanikern in Kontakt bringen. Ich nehme ihre Nummer dankend an. Wenige Minuten später kommt Till total abgehetzt und genervt mit einer falschen Batterie an. Wir versuchen die Maschine nochmals zu starten, da startet sie auch tatsächlich. Hä?! Was ist jetzt los? Kein Plan, rauf auf die Maschine, das Problem wird sich morgen angeschaut, Hauptsache sie läuft und wir kommen ins Hotel. Wir nehmen uns im 10ner Dormroom zwei Betten und kommen erst mal runter. Welches Problem die Maschine hat wird morgen herausgefunden. Erst mal schaue ich mich um und sehe erst mal wie schön Udaipur ist. Wir sind direkt am See. Gegenüber glitzert das 5 Sterne Hotel, das mitten im See liegt, der Palast in der Stadt wird wunderschön beleuchtet. Udaipur. Ich bin gespannt was das Städtchen so zu bieten hat.

Nächster Morgen. Maschine springt an. Mhh..seltsam...aber gut für uns. Was das auch immer war, es ist nicht mehr da. Wir nehmen dennoch Kontakt mit Simmy auf, die Bikerin von gestern, um einen Ölwechsel und ein paar Schweißarbeiten machen zu lassen. Sie antwortet auch prompt, ihr Mechaniker holt uns am Hotel ab. Super nice. Was für ein Service. Ölwechsel..check. Schweißarbeiten..check. Jetzt noch die falsche Batterie von gestern zurückgeben, die wir nicht brauchen, weil die Maschine ja wieder läuft. Leider hat der Verkäufer das gestrige Versprechen Till gegenüber, die Rücknahme der Batterie, über Nacht vergessen und so kommt es, dass ich Till zum ersten Mal in der gesamten Reise laut hab werden hören. Natürlich war der Chef nicht da und so kommt es dass wir 90 Minuten nach großem hin und her am Telefon und nach Tills Bestehen nach seiner Geldrückgabe, die Batterie doch noch umtauschen können. Was für ein Tag. Was haben wir von der Stadt gesehen? Werkstatt und Batterieshop. Dafür gibt es einen wunderschönen Sonnenuntergang mit Blick auf See auf der Hotelterrasse.

Kann es noch indischer werden? Ja. Vom Gefühl her und sobald man die Highwaystraßen Indiens verlässt und quer durch das Land fährt. Wir machen einen Tagesausflug mit dem bike. 100 Kilometer von Udaipur liegt Kumbelgargh. Die größte Burg mit der längsten und dicksten Festungsmauer in ganz Indien. Die Fahrt dort hin war schon ein purer Genuss. Natur, Buschlandschaften, kleine Straßen, kleine Dörfer. So wie ich mir Indien immer vorgestellt hatte. So ist es hier. In diesem Moment. Ein grandioses Gefühl. Ich genieße die Fahrt. Weg von großen Städten. Weg von Menschenmassen. Hier im Busch gibt es Leoparde und Schlangen. Das spürt man. Kumbelargh haut einen um wenn man davor steht und erst recht wenn man die dicke Festungsmauer von oben der Burg betrachten kann.

Auf dem Rückweg und 40 Kilometer abseits auf einer noch kleineren Straße durch die Berge und im Dschungel liegt versteckt der Ranakpur Tempel. Wer einen der schönsten Tempel sehen möchte sollte genau dahin fahren. Diese Handarbeiten, diese Schönheit, dieser Zauber. Was für ein schöner Tag. So viel schönes erlebt und gesehen.

Nach drei Tagen Udaipur zieht es uns weiter in den Süden. Leider muckt die Maschine schon wieder. Der Voltmesser zeigt enorme Schwankungen an. Irgendwas ist faul. Wir kommen in Vadodara an. Die Maschine kocht. Es zeigt sich, dass durch die vielen Hochzeiten die Hotels alle enorm teuer und ausgebucht sind. Horror unter solchen Umständen auf Zimmersuche zu gehen, vor allem wenn die Maschine nicht mehr anspringt. Zum Glück helfen viele beim Anschieben mit, aber das ein Problem mit der Batterie besteht ist nicht mehr zu verleugnen. Mit Mühe und Not und mit Hilfe eines netten Mannes kommen wir zu einem Hotelzimmer, das für den Preis auch noch super deluxe ist. Morgen müssen wir uns intensiv der Maschine annehmen. Mit Hilfe von Sammy, der Bikerin aus Udaipur, treffen wir am nächsten Morgen am Hotel die hiesige bikercommunity samt Batteriefachverkäufer. Wir kommen zu einer neuen Batterie und super spontan zu einer Mashsitzoberläche, die luftdurchlässig ist und hier in Indien einfach jeder hat. Da wir schon mal die Fachmänner hier haben lässt Till für den Hinterreifen neue Bremsbeläge einsetzten. So geht wieder ein Tag rum  aber wir haben neue nette Leute, den besten Sandwich Laden und den allerbesten Früchteshake Laden der Stadt kennengelernt. Chickofruchtshake mit Chickoeiscrem..jammi. Die Presse kam dann plötzlich auch noch vorbei und schwups waren wir am nächsen Tag in der Zeitung. Was für ein Tag.

Am nächsten Morgen, wir wollen gerade losfahren, steigt die Voltzahl schon wieder sehr schnell hoch. Und das mit einer neuen Batterie?! Wir fahren gleich wieder zur Werkstatt, treffen dort den Motorradclub Präsidenten, der uns auch noch in die indische Zeitung bringt, und lassen die Maschine nochmals prüfen. Hier und da werden Anschlüsse und Sicherungen ausgetauscht aber dies sollte leider nicht das Problem lösen. Wir fahren dennoch los, da der Voltmesser nach einer gewissen Weile wieder auf 14,5 V sinkt und auch konstant unten dabei bleibt. (Übrigens: Was man alles so technisches dazulernt auf einer Motorradreise). Wir hoffen einfach das dies auch so bleibt. Mit einem ungewissen Gefühl starten wir unsere Weiterfahrt.

Die Maschine läuft gut. Keine Auffälligkeiten. Was uns nach den Vorfällen der letzten Tage komisch erscheint, dass das Problem einfach so verschwunden sein soll. Kein Problem löst sich in Luft auf. Wir sollten auch schon bald des besseren belehrt werden.

Über den Motorradclub Präsidenten erhalten wir wieder einen neuen Kontakt des indischen bikers clubs. Wir treffen in Damahl Jamshed. Er erwartet uns schon an der Autobahnausfahrt und lädt uns zu einem Snack bei seinen Motorradfreunden ein. Was wir die nächsten zwei Tage erleben werden, gehört zu einem meiner highlights in der bisherigen Indienzeit: Wir werden auf einer „Junggesellenabschiedsfeier“ dabei sein, werden spontan zur Verlobungsfeier eingeladen, lernen super nette herzliche witzige biker kennen, die allesamt Bollywoodliebhaber sind und auch alle Texte mitsingen und tanzen können. Total witzig. Wir lernen die indisch südliche Küche noch besser kennen, verbringen herrliche Tage bei Jamsheds Familie auf der Farm und erfahren eine ganz herzliche Gastfreund- und Hilfsbereitschaft. Wir lernen in den Tagen viel dazu. Viel über Essen, Kultur, Traditionen, Musik, Religion, bikers in Indien, Geschäfte, Landwirtschaft, Früchte, Land und Leute. Ich bin allen so dankbar für diese wertvolle Zeit. Kann Indien noch indischer werden? Ja. Dadurch!

Wir verabschieden uns in der Hoffnung, dass wir uns irgendwann wieder sehen werden. Und weiter geht’s. Der Süden ruft. Wir fahren an Mumbai vorbei. Einer Megacity, die einfach nur voll ist. Wir bräuchten Stunden um rein zu kommen und Stunden um wieder raus zu kommen, daher überspringen wir die Stadt einfach. Es reicht uns auch schon nur an der Stadt großzügig über den Bypass vorbeizufahren. Till möchte, da er schon mal in der Nähe ist, ans Meer. Leider überraschen uns hier die Preise. Es wird immer teurer. In Alibag nehmen wir ein überteuertes Zimmer um gleich wieder am nächsten Morgen weiterzufahren. Unsere bikers contac list wird auch hier weitergeführt. In Ratnagari sollen wir einen biker treffen, der uns zu sich eingeladen hat.

Wir fahren auf dem alten Goa Highway durch das Land. Das ist natürlich Zeitintensiv. Die Straßen sind schlechter, voll, man muss durch viele Ortschaften durchfahren, die noch mehr Zeit rauben und das alles bei ansteigender Luftfeuchtigkeit. Wir schwitzen nicht schlecht in unserer Motorradbekleidung. Leider kommen wir noch viel mehr ins Schwitzen. Denn wer sein Rad liebt...schiebt. Und genau das kommt auf uns zu. Mitten auf der Strecke macht das Motorrad nur noch blubblubblub und säuft ab. Probleme lösen sich leider nicht in Luft auf und da haben wir wieder unser Problem. Leider kurz vor Sonnenuntergang, mitten auf dem old old highway in der Pampa und das bei gefühlten 40 Grad mit 1000%iger Luftfeuchtigkeit. Prima. Till baut die Batterie aus. Sie ist erschreckend heiß und leer. Die Batteriesäure ist ausgelaufen. Die nagelneue Batterie dahin. Das wir ein Problem haben ist jetzt eindeutig und klar. Till baut die Batterie aus, lässt dabei seine Handschuhe zum Glück an, weil die von der Säure total aufgelöst werden. Runterkühlen mit Wasser und hoffen, dass wir irgendwie die Maschine noch ankriegen um in die nächste größere Stadt zu kommen. Anschieben. Motor springt an. Die Bordmaschinen zeigen zwar kein Lebenszeichen, aber die Maschine läuft. Nix wie los. Ehrlich. Es ist ein komisches Gefühl 40 Kilometer vor sich zu haben und man weiß, dass die Maschine nicht rund läuft. Kein Licht, keine Hupe, nichts geht mehr an. Aber Hauptsache sie läuft. Wir kommen tatsächlich in Ratnagiri an. Einer Küstenstadt und melden uns gleich bei unserem neuen biker Kontakt an. „no problem“ Wir sollen das Motorrad bei ihm parken, er fährt uns zum Hotel, morgen geht’s zum Mechaniker. Puh. Geschafft. Fürs erste. Wir sind angekommen und morgen geht’s weiter. Erst mal kalt duschen.

Am nächsten Morgen gibt’s erst mal lecker Frühstück und wir lernen die Familie von Deva kennen. Dann steht plötzlich der „lyons club“ vor uns, der uns einen Willkommenstrauß übergibt. Soll im TV ausgestrahlt werden, dass wir mit dem Motorrad den langen Weg von Deutschland nach Indien gemacht haben. Oh man krass. Aber jetzt muss erst mal das Motorrad gerichtet werden. What is wrong with our bike?? In der Werkstatt werden erst mal alle Kontakte und Drähte überprüft. Kabelbruch? Batterie? Gleichrichter? Lichtmaschine? Wir sind immer noch auf der Fehlersuche. Nach langer Fehlersuche und einem weiteren Experten ist klar, der Gleichrichter ist defekt. Leider ist es nicht einfach für unsere Honda Africa Twin einen entsprechenden Gleichrichter zu finden. Wir verbringen den ganzen Nachmittag damit einen zu finden. Vergebens. Der Gleichrichter muss aus Mumbai versandt werden. Es führt kein Weg vorbei. Daumen drücken, dass der Gleichrichter, morgen früh da ist und dies auch der tatsächliche Fehler ist für unser Problem. Wieder ein Tag in der Werkstatt geht vorüber. Was mache ich den ganzen Tag in einer indischen Werkstatt als einzige Frau? Schauen, warten, Fragen stellen, warten, schauen, Fragen stellen. Dennoch sind wir froh und dankbar, dass wir hier Leute kennengelernt haben, die ohne Murren ihre Hilfe anbieten. Die den ganzen Tag mit uns verbringen um Ersatzteile zu suchen, uns hin und her fahren, uns zum Essen bei der Familie einladen und uns Mut machen „no problem“ Was für eine Philosophie.

 Was für ein Tag des Wartens. Bis das Ersatzteil kommt cruzen wir auf einem Scooter durch die Stadt, an den Strand, hoch zum Fort und für mich gibt es die erste Scooter Fahrstunde mit Till in Indien. So fühlt es sich also an am Steuer zu sitzen. Interessant :)

 Ich hab am Ende des Tage nicht mehr daran geglaubt, das der Gleichrichter noch kommen würde. Aber er kam tatsächlich am Abend noch an und wurde noch eingebaut. Die Maschine lief. Endlich. Was für ein Gefühl. Morgen können wir weiterfahren. Zum Glück wissen wir bis dato noch nicht, dass das Problem sehr schnell wieder einholen wird.

Wir packen unsere Sachen. Ist ein tolles Gefühl wieder loszuziehen. Wir verabschieden uns dankend bei unseren neuen Freunden und fahren voller Vorfreude los. Die Küstenstraße nach Goa ist sehr schön und ruhig. An einer Brücke, nach nur 20 Kilometer, wollen wir ein Foto machen, da springt unsere Maschine wieder nicht an. Kratz Kratz..nichts. Wir schauen uns an. Das gibt es doch nicht. Der Gleichrichter ist noch keine 20 Kilometer gefahren, da verlässt uns das neue Teil auch schon wieder. Ich bin der Verzweiflung nahe. Ein Motorrad, das nicht läuft macht Sorgen. Zurück oder weiter? Vernünftig wäre vermutlich zurückfahren, dennoch sagen wir uns, in Goa ist es schöner um das Problem zu lösen. Gesagt, getan, geschoben, weiterfahren. Wir stoppen nur einmal auf der Strecke und fahren nonstop nach Anjuna. Meer, Palmen, Strand, gemütliches Guesthouse. Gleich am nächsten Morgen wird das Gleichrichter Problem von neuem angegangen.

Anjuna. Goa. Es ist vierter Advent. 40 Grad. Wir genießen Strand, Palmen, Meer. Was kann es schönes geben?! Ja, ein neuer Gleichrichter wäre schön. Das Problem ist folgender. Wir haben in Ratnagiri einen Bullet Einfield Gleichrichter einbauen lassen, der auf eine 500 cc Maschine ausgelegt ist. Der größen Enfield Maschine, die es in Indien gibt. Leider ist die schon nach wenigen Kilometern durchgebrannt, weil unser Motorrad einfach mit 750 cc zu groß ist für diesen Gleichrichter. Wir brauchen einen, der auch in super bikes eingebaut ist, wie z.B. einer Ninja Kawasaki. Leider ist es in Indien sehr schwer für große Motorräder, zudem noch im alten Jahrgang, Ersatzteile zu kaufen. Wir vermuten zudem, dass unsere Batterie nach der ganzen Action tiefen entladen ist. Ein Sorgenkind. Palmen und Strand sind zwar schön, aber wenn ein krankes bikes vor dem Guesthouse steht und keinen Meter mehr weitergefahren werden sollte, dann hängen ein paar traurige Wolken über dem Paradies.

Alle Kontakte der Biker Szene Goas und Indiens werden ausgepackt. Full power. Wir recherchieren, kontaktieren, führen Telefonate, schreiben, warten, hoffen. Daumen drücken. Wir brauchen einen neuen Gleichrichter. Das wäre das schönste Weihnachtsgeschenk ever.

Es ist soweit. Ich schiebe Till an. Es wird immer schwerer das Motorrad in Gang zu bringen. Einer unserer Kontakte hat uns einen Kontakt gegeben, der uns tatsächlich helfen könnte. Till fährt zur Werkstatt in die nächst größere Stadt. Ich warte unterdessen und sitze auf heißen Kohlen. Am Abend im Guesthouse ist Till immer noch nicht da. Und da plötzlich in der Ferne höre ich das Motorrad. Ich bin mir sicher Till kommt gleich um die Ecke. Und so war es auch. Unglaublich aber wahr. Die kleine Werkstatt in Goa hatte unseren Gleichrichter vorrätig!! Neue Batterie! Neuer Gleichrichter! Neues Fahrgefühl! Happy Till und happy Caro :) Frohe Weihnachten. Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Motorradersatzteil so glücklich machen kann.

Am nächsten Tag testen wir gleich den Gleichrichter, nicht, dass er nach erneuten 20 Kilometern schlapp macht. Wir fahren nach Arambol Beach. Gediegen großer Strand, ruhig, Strandmarkt, Sonnenuntergangstrommeln, Althippies. Wir relaxen und schauen. Die Maschine läuft wieder rund. Kein Anschieben mehr nötig. Amperzahl bleibt konstant. Was für ein tolles Gefühl.

 

 

Anjuna ist in Goa einer der bekanntesten Partystrände. Viele Clubs, die bis in die frühen Morgenstunden Trance Musik laufen lassen und von vielen Touristen besucht werden. Die Kuh kommt als Letzte aus dem Club rauss:) Aber auch der wöchentlich Anjuna Market ist berühmt. Viele Stände mit originellen Kleidern oder selbstgemachten Schmuck. Mein Shopping Herz geht auf. Aber nur kucken..nichs kaufen (O-Ton von Till) Leider ist das Motorad für ausgiebige shopping touren nicht belastbar. Leider.

Wir treffen zufällig auf zwei Münchner, die mit ihrem Wohnmobil angereist sind und uns über Weihnachten nach Agonda zum alljährlichen „overlander christmas meeting“ am Strand einladen. Spontan wie wir sind sagen wir zu. Auf nach Agonda Beach im Süden Goas.

Mit Freunden aus der Heimat und neuen Freunden aus Deutschland und Schweden verbringen wir ein paar wundervolle Weihnachtstage in Agonda. Urlaub vom Reisen: Hütten am Strand, Delfine im Wasser, Palmen, Kokosnüsse, Strand, Meer, Wellen, Sonnencreme, spektakuläre Sonnenuntergänge, Joga (mit Till), gutes Essen, schöne 36 Grad, leichter Wind, Mangroven, … was will man mehr. Faul sein ist wunderschön. Außerdem durfte ich mal Riesentruck fahren. Gefällt mir.

Nach 2,5 Wochen in Goa am Strand juckt es mich und Till gleichzeitig wieder das Motorrad zu packen und loszuziehen. Es kribbelt und man spürt jeden Tag mehr, dass man weiterfahren möchte. Wir sind dankbar für diese schöne Zeit mit lieben Menschen verbracht zu haben. Schwerer würde die Entscheidung werden wohin es nun gehen soll. Thailand hat die Regularien zwei Tage vor Weihnachten geändert. Eine Reise mit dem eigenen Fahrzeug ist seitdem nicht mehr ohne geführte Tour durch das Land möglich. Unglaublich horente Preise werden verlangt: Eine Transitfahrt 2 Tage von Mynamar durch Thailand nach Laos ohne Hotel und Essen, nur der Fahrer, der vor einem fährt, kostet 900 Euro. Myanmar erlaubt auch nur geführte Touren für overlander. 10 Tage durch Myanmar kosten pro Person 1100 Euro. Dann müsste man von Laos durch China fahren. Auch nur mit Guide möglich. Mindestens 3000 Euro. Wir sind ein bisschen verzweifelt und traurig. Die Tour, die wir vor hatten ist ohne Geldesel so nicht möglich. Wir schieben jede eventuelle Möglichkeit hin und her. Schreiben verschiedene Leute an, holen Informationen ein. Aber besser wird’s nicht. Wir müssen bald eine Entscheidung treffen, wie unsere weitere Route aussehen soll. Kopfzerbrechen.

Wir verabschieden uns von Goa. Sind wieder voller power on the road. Sagenhaftes Gefühl. Der Fahrtwind, die vorbeiziehende Landschaft, die Menschen. Auf dem Weg nach Hampi machen wir einen Abstecher nach Badami um die berühmten Badami Caves in den Felsen zu bestaunen. Schön durch die Pampa besuchen wir am nächsten Tag die nahegelegenen Tempelanlagen in Pattadakkal. Wir sehen den für uns bis jetzt atemberaubensten Baum auf unserer Reise. Er muss uralt sein.