September


Wir verbringen tolle Tage in Istanbul und machen uns danach auf den Weg nach Izmir. Genauergesagt nach Alacati. Hier wohnt Tills ehemalige Mitbewohnerin Gamze mit Haus am Meer und Swimmingpool. Nach 9 Stunden Fahrt, und man spürt danach wirklich alles, kommen wir nachts in Aalcati an. Hier können wir die nächsten Tage am Meer relaxen und die Meeresbrise genießen. Einfach toll. Danke Gamze. Es ist so schön hier.

Nach relaxten Tagen am Meer packen wir wieder das Moped und steuern unser nächstes Ziel an: Pamukkale. Es ist bereits Abend als wir Pamukkale erreichen und wir suchen nach einem Nachlager. Wir fahren den Berg hinauf bis das ganze Tal vor uns liegt und die Ruinenstadt Pamukkale nur als Lichterkette zu erkennen ist. Auf den Weg hinauf haben wir gehofft, dass die Lichter am Himmel nur harmlose Wetterleuchten sind. Wir finden oben eine gute Stelle für unser Zelt und genießen den Ausblick über das Tal mit seinen Lichtern als es plötzlich zu regnen anfängt. Doch keine harmlosen Wetterleuchten sondern ein richtiges Gewitter prasselt über uns hinab. Wer Gewitter in den Bergen kennt kann nachvollziehen wie wir uns in unserem Zelt gefühlt haben. Der Wind tobte, dass wir uns sogar an das Zelt anlehnen mussten, die Blitze machten die Nacht zum Tag und die nachfolgenden Donner ließen die Erde vibrieren. Wir saßen mitten in dieser Gewitterzelle, unser Zelt das Einzige was uns Schutz bot und die Donner waren ohrenbetäubend. So verharrten wir einige Minuten in diesem Gewitter und hoffen, dass dies nichts die ganze Nacht so weitergehen würde, denn sonnst würden wir kein Auge zumachen können. Plötzlich ließ der Regen nach, der Wind säuselte, das Gewitter zog vorüber. In der Ferne war noch das Grollen zu hören. Was für eine Nacht. Wir sind der Natur einfach ausgeliefert und man kann nichts tun außer warten und hoffen. Erleichtert schliefen wir ein.

Am nächsten Morgen wurden wir mit dem schönsten Wetter begrüßt. Blauer Himmel, Sonnenschein und es wurde von Stunde zu Stunde heißer. Für die Ruinenstadt Pamukkale mit seinen Kalkterassen wurde Eintritt verlangt und wir verbrachten den ganzen Tag darin. Wir drängten uns durch die vielen Touristen, die mit ihren Selfie Sticks und Posen die Kalkterassen besetzten. Das Wasser, das durch die Kalkterassen fließt ist sehr warm und ohne Sonnenbrille kann man kaum die Augen öffnen, so grell sind sie. Der Anblick ist aber sagenhaft schön. Was wir gestern im Dunkeln nur erahnen konnten erstreckte sich heute in seiner voller Pracht. Die Ruinenstadt liegt über den Kalkterassen. In sengender Hitze bestaunten wir die Ruinen und das gut erhaltene Amphietheater. Ihr fragt euch, wie wir das mit dem Motorrad und den Motorradklamotten machen während wir zu Fuß unterwegs sind?! Das Motorrad wird im Schatten unter einem Baum geparkt. Die Kisten sind abgeschlossen, Helme, Motorradschuhe, Motorradkleidung wird mit einem Stahldraht an das Motorrad angeschlossen und wir können in Trekkingschuhen und Short spazieren gehen. Das ist auch mal schön :)

 

Nach dem Besuch in Pamukkale fahren wir weiter Richtung Capadokien. Till war da schon zweimal, ich war sehr gespannt darauf. Kannte Capadokien nur aus Bildern. Die Fahrt würden wir nicht in einem Schwung schaffen, da wir erst spät von Pamukkale losfahren. Auf dem Weg lag ein See, den wir als Ziel ansetzten. Die Landschaft ändert sich nach jeder Kurve, hat es den Anschein. Erst durch trockene Steppe, dann wieder durch kleine Berge mit weichen Formen, schroffen Felsen, Schafherden, die Staub aufwirbeln, die man aus der Ferne bereits sehen kann. Die Landschaft ist wunderschön. Ich hinten hab natürlich non-stop-Schau-ins-Land-Aussicht.

Es ist bereits wieder Abend als wir am See ankommen. Till ist von der Fahrt geschafft und der See ist im Dunkeln natürlich nicht mehr zu sehen. Wir entscheiden uns schnell für einen Camping Platz am See.  Am nächsten Morgen haben wir von unserem Zelteingang aus einen wunderschönen Ausblick auf den See, der von Bergen umringt ist. Wir haben noch einige Kilometer vor uns und würden Capadokien heute auch noch nicht erreichen. Auf dem Weg biegen wir ab in die Ruinenstadt Thessalonikia. Im Schatten machen wir kurz Rast.

Da ich auf der Weiterfahrt fast einnicke weil ich so müde bin, machen wir am nächsten See Rast, hängen die Hängematten auf und pofen eine Stunde im Schatten. Als wir wieder aufgewachen sind wir zwar wieder voller Energie, haben aber auch einige Schnakenstiche davongetragen. Der Schlaf hat dennoch gut getan und musste einfach sein. Es ging weiter auf dem Moped. Da wir von den Bergen wieder ins Tal fuhren wurde es auch spürbar heißer und trockner. Diese trockene Hitze wird in den nächsten Monaten unser Begleiter sein, je weiter wir nach Osten fahren. Auch was die trockene Hitze noch als Begleiter hat, nämlich kalte Nächte. Als wir uns zum Sonnenuntergang irgendwo im nirgendwo unser Zelt aufgebaut hatten spürte ich schon den Temperaturunterschied. Die Nacht war klirrend kalt. Von 40 Grad auf 7 Grad. Das nenne ich mal Temperatursturz. Ich sehnte mich nach dem Sonnenaufgang.

Der Morgen war frisch. Die Sonne wärmte langsam. 10 km von unserem Nachtlager lag Sultanhani. Eine Burg mit einem imposant schönen Tor. Ein Käffchen getrunken und ab nach Capadokien. Ich konnte es kaum erwarten.

Da war gleich nach Sonnenaufgang von Sultanhani losgefahren sind erreichen wir Capadokien schon gegen Mittag. Einfach eine grandiose Landschaft, die Steinformationen, die Geschichte, die Kirchen in den Felsen, die Valleys, die einen komplett anderen Blick auf die Formen geben als von oben. Wir entscheiden uns für einen Camping Platz mit Panorama Aussicht über Göreme und bleiben zwei Tage. Der Campinbesitzer ist sehr nett und sagt uns auch gleich was wir alles sehen müssen. Am ersten Tag macht sich Till alleine mit seiner Kamera auf den Weg Göreme zu erkunden. Ich besuche währenddessen das open air Museum, das Till bereits zweimal gesehen hat. Ich bin hin und weg von der religiösen Geschichte, den Bildern in den Steinkirchen und von den Formen. Tills Bilder sind fantastisch. Die Welt ist zwar nicht schwarz weiß aber manchmal kommt sie so besser rüber. Er ist durch einen Valley gelaufen und die Formen und das Lichtspiel sehr schön eingefangen. Am Abend steht natürlich als Pflichtprogramm sunset auf der Panaorama Plattform an. Wir haben eine herrliche Aussicht über Capadokien, das rote warme Licht des Sonneruntergangs, das der Landschaft einen gewissen Zauber gibt. Zum Vorschein taucht der Vulkan im Hingergrund auf, den wir erst jetzt entdecken. Prächtig ist er von der Ferne zu sehen. Göreme erwacht zu einer kleinen Lichterstadt. Schön anzusehen.

Göreme ist eine Gemeinde in Capadokien deren Felsendenkmalen zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Die Tuffsteinformationen, die teilweise ausgehöhlt sind, sind für diese Region bekannt und ziehen eigentlich viele Touristen an. Wir sind die einzigen auf dem Camping Platz. Auch der Camping Platz betreibt spürt die Rückgänge an Touristen seit diesem Jahr. Der Camping Platz sollte voll sein und überbucht. Das war die letzten Jahre so. Aber dieses Jahr ist es anders.

Am nächsten Morgen stellen wir uns zum ersten Mal seit Wochen einen Wecker und zwar auf 5:45 Uhr! Sunrise! Unverzichtbar das Schauspiel über Göreme bei Sonnenaufgang. Nicht nur das Licht, das die Stadt langsam in ein weiches rot eintaucht, auch die farbprächtigen Heißluftballons, die langsam emporsteigen und ihre Fahrt in den Sonnenaufgang starten. Wow! Die Piloten müssen richtig gut sein, weil sie fliegen nicht nur nach oben, sondern auch tief in die Valley rein. Dann ist von den Heißluftballons kaum noch was zu sehen und dann steigen sie wieder auf. Wir staunen und genießen.

Da wir nunmal schon wach sind und die Mittagssonne am Pool (ja....das hat unser Camping Platz) genießen wollen, packen wir unseren Rucksack und machen uns auf eine Erkundungstour durch den "white valley". Till meint, wir sind locker in 2 Stunden wieder zurück. Naja..aus 2 Stunden Trekking Tour mach 9 Stunden Trekking Tour. Im ersten Valley sind wir in einer Sackgasse gelandet. Nach 2 Stunden trekking über Stock und Stein mussten wir über die Tuffsteinhügel wieder nach oben klettern um aus dem Valley rauszukommen. Puh! Da ging mir echt kurz mal die Pumpe, da ich keine Kletterziege bin und mich über einige Situationen hinweg überwinden musste. Raus aus dem ersten Valley. Puh, es wurde immer wärmer. Mittagssonne vermeiden konnten wir vergessen. Wir haben uns an den zweiten Valley gewagt, von dem wir dachten, das muss der "white valley" sein. Naja...wir liefen komplett in die falsche Richtung. Um in den richtigen Valley zu kommen mussten wir rüber nüber drüber und wieder runter. Die Sonne stand über uns. Genau das was wir vermeiden wollten trat ein. Im dritten Valley angelangt waren wir nun sicher, dass das der richtige ist. Das hieß, das unsere Trekking hier eigentlich vor Stunden hätten anfangen sollen, wir aber schon seit Stunden durch Disteln und Bergen gelaufen sind. Wir starten also unsere eigentliche trekking tour durch den "white valley". Der Name des Tals deutet schon darauf hin, was zu sehen war. Weiße Tuffformationen in den abgefahrensten Formen. Die Witterung höhlt die Steine aus und formt so die Steine und Berge. Die trakking tour hat sich gelohnt und wir kommen geschafft und mit leichtem Sonnenbrand an manchen Stellen nach 9 Stunden wieder am Camping Platz an. Die Fotos sprechen für sich, die Till an diesem Tag geschossen hat. Morgen steht uns die große Aufgabe bevor neue Reifen für das Motorrad zu organisieren. Nicht das wir einen Platten hätten, aber nach einer gewissen Kilometer Laufleistung müssen die Reifen gewechselt werden. Daumen drücken.

Gibt es eigentlich nur so tolle super gelaunte Tage??? Nein! Denn wenn es um Bürokratie und Organisation geht, ist man dem System völlig ausgeliefert. Die Reifen, die eigentlich so locker bestellt und an einem Ort unserer Wahl abgeholt werden können, sind doch nicht so locker zu bestellen, vor allem nicht, wenn in der Türkei eine Feiertagswoche bevorsteht und das gesamte Land weder Post zustellt noch Überweisung annimmt. Wir haben den ganzen Tag damit verbracht Reifen aus Istanbul nach Ezerum zu organisieren. Eine Stadt vor der Grenze Irans. Eigentlilch kein Problem, wären die bevorstehenden Feiertage nicht. Das da alles stillsteht war uns nicht klar. Mit Mühe und Not, ganz viel Zeit und Geduld und mit Hilfe von einem Freund aus Istanbul schaffen wir es die Reifen zu bestellen. Till hat heute bestimmt einige graue Haare mehr dazugewonnen. Hoffen wir morgen, dass die Reifen auf den Weg nach Ezerum sind und wir sie dort abholen können. Zwei Daumen drücken. Wir bleiben also eine weitere Nacht in Göreme und verbringen den Abend jetzt in der Chillout Lounge mit Blick über Capadokien.

Was kann alles an einem Tag auf so einer Motorradreise durch die ostanatolische Türkei passieren? Wir werden in Kayseri zum essen eingeladen nachdem man uns auch noch durch die Stadt begleitet und uns auf der Suche nach einer Western Union Bank hilft, zwar leider vergebens, aber das Gespräch zum Lunch ist sehr nett und alle Mühe ihn zum Essen einzuladen war vergebens. Weiter auf dem Weg durch die Osttürkei, natürlich in der Mittagshitze, halten wir für ein kurzes Bild, steigen wieder aufs Motorrad und es tut sich..nichts. Das Motorrad springt nicht an. Ohoh. Bis jetzt sind wir davon verschont gewesen. Jetzt heißt es kühlen Kopf bewahren und sich auf die Fehlersuche machen. Till checked zunächst die Sicherungen, alle noch drin. Es muss an der Batterie liegen. Ich bin so froh, dass Till ein Basiswissen zu seinem Motorrad hat, der Minuspol an der Batterie hat sich gelockert, der Stromkreis ist durchbrochen und somit springt das Motorrad auch nicht mehr an. Schnell wieder festgeschraubt und das Motorrad springt wieder an. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Werkzeug wieder verstauen und weiter geht es.

Land und Leute verändern sich. Auch das Stadtbild. Sobald wir in einem Städtchen halt machen bildet sich eine Traube von Menschen um uns. Sie sind interessiert. Fragen woher wir kommen, wohin wir wollen, laden uns zum Tee ein.

Es ist gegen 16 Uhr als wir 70 km vor Erzincan an einer Tankstelle das Motorrad wieder voll tanken, was unverschämt teuer ist in der Türkei. Je mehr man nach Osten fährt umso teurer wird der Sprit. Wir sprechen hier von 1,50 € bis 1,80 € der Literpreis. Das schmerzt. Aber ohne geht nicht, daher voll tanken und sich auf die Spritpreise im Iran freuen. Dann hebt sich das wieder auf. Till kommt gerade vom Bezahlen, als er mit Entsetzten feststellen musste. Mist, wir haben einen Platten. Oh nein! Nicht das noch! Wir suchen nach der Ursache für den Platten, da finde ich einen kleinen Nagel im Hinterreifen. Jetzt heißt es wieder kühlen Kopf bewahren, Motorrad zur Seite schieben und ran ans Werk. Unser erster Platten! Natürlich ist man bei so einer Aktion nicht lange allein. Eine Familie aus Van macht gerade Rast an der Tankstelle und bietet die Hilfe an. Till wird förmlich das Werkzeug aus der Hand gerissen und jeder versucht zu helfen. Geht eigentlich auch zügig. Der Schlauch ist schnell draußen, das Loch gefunden, Ruckizucki gestopft und schon wird man wieder zum Essen eingeladen. Das wars? Der Platten schon repariert? Die Familie verabschiedet sich. Wir sind wieder allein auf der Tankstelle und montieren gerade den Hinterreifen wieder ran, was gar nicht so leicht ist, aber wir schaffen es und sind glücklich, als ich plötzlich ein Zischen höre. Wir hören nochmal genauer hin, ja, da ist ein Zischen, es kommt aus dem gerade reparierten Reifen. Ist da etwa noch ein zweites Loch? Oder hält der Flicken nicht? Das darf doch nicht wahr sein. Wir schauen uns an, es hilft alles nichts, wir müssen den Reifen nochmal nach einem Leck suchen. Zum zweiten Mal: Werkzeug raus, Hinterreifen abmontieren, Reifen von der Felge lösen, Schlauch rausholen, Loch finden, ein tatsächlich zweites Loch das nur ein Zentimeter von dem geraden geflickten Loch ist stopfen und jetzt pumpen wir den Schlauch mit Luft voll und kontrollieren den Schlauch nach weiteren Löchern, das haben wir beim ersten Mal nicht gemacht. Man lernt dazu. Der Schlauch ist jetzt dicht, wieder in den Reifen rein, Till ist gerade dabei den Reifen wieder in die Felge zu machen, als uns ein Iranischer Trucker zur Hilfe eilt. Wieder reißt er Till das Werkzeug aus der Hand, ich weiß gar nicht wieso die das ständig machen, Till hat es bis jetzt ganz gut hingekriegt. Leider hat uns der Helfer eher schlecht als recht geholfen. Es in Ruhe und Selbst zu machen ist manchmal einfach besser. Der Truckfahrer muss auch wieder weiter und Till kann in Ruhe den Reifen selbst in die Felge ziehen. Klappt doch! Jetzt wieder den Reifen montieren. Da das ja unsere zweite Runde ist, sind wir diesmal schneller. Fertig! Luft rein, der Reifen sitzt, die Luft bleibt drin. Keine Luft entweicht mehr. Die Sonne ist schon längst untergegangen. Über vier Stunden haben wir an dieser Tankstelle verbracht und zweimal den Schlauch geflickt. Wir schauen uns wieder an. Wir sind dreckig, unsere Hände mit Öl verschmiert aber glücklich. Wir packen alles zusammen und machen uns noch auf die 70 km Wegfahrt nach Erzincan. Was für ein Tag. Wir nehmen uns ein Hotel und fallen, nach einem ausgiebigen Abendessen und einer Dusche, selig ins Bett.

Da wir Erzincan in der Dunkelheit erreichen überrascht uns der nächste Tag mit einer gigantischen Frühstückaussicht über die Berge. Die Gegend muss ein bekannter Skiort sein. Überall sind Lifte zu sehen. Wir stärken uns und machen uns auf den Weg nach Erzurum, wo wir hoffen heute die Reifen abholen zu können. Ja die Reifen. Wie haben wir das Problem nun gelöst? Atila, ein Freund aus Istanbul, hat die Reifen für uns dort gekauft und sie mit einer Busgesellschaft nach Erzurum senden lassen. Nun fahren wir voller Spannung an den Busbahnhof und hoffen, dass die Reifen dort sind. Ich warte am Motorrad und sehe Till strahlend mit zwei Reifen auf mich zukommen. Es hat alles gelappt. Wir freuen uns so sehr. Aber wohin mit den Reifen? Tja, auch dafür findet Till eine Lösung. Sie kommen einfach hinten drauf. Und somit reisen wir nun auch noch mit zwei Reifen im Gepäck. Der Anblick von uns muss jetzt noch kurioser sein, als wir sind schon sind. Wir wollen heute nicht viel fahren um auch mal von der Stadt was zu sehen und finden ein kleines Hotel in der Stadt. Der Nachteil von einem Hotel ist der, das das ganze Gepäck nicht am Motorrad bleiben darf. Kisten abmontieren, Reifen müssen ins Hotel, einfach alles. Der Hotelleiter ist ganz nett und hilft uns beim Entladen. Wir machen uns frisch und erkunden die Stadt.

 

Unsere bisher gefahrene Strecke: Deutschland, Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Türkei.

Kilometerstand bei Landeinreise:

Start in Bad Mergentheim: 106173 km

Österreich: 107177 km

Ungarn: 107688 km

Rumänien: 108380 km

Bulgarien: 109705 km

Türkei: 110170 km

Iran: 113286 km

Noch einen Tag in der Türkei. Morgen startet unser Visum für den Iran. Von Erzurum nach Dogubayzit, der Grenzstadt, sind es noch einige Kilometer. Die Fahrt verläuft gut, der Sprit erreicht seinen Höchstpreis und wir kommen wieder nach Sonnenuntergang in Dogubayzit an. Der Ararat müsste eigentlich zu sehen sein, aber da es dunkel ist sehen wir wieder mal nichts von der Umgebung. Dafür überrascht uns am nächsten Morgen der Blick aus dem Fenster von unserem Hotel einen sagenhaften Anblick. Da steht er. Der Ararat. Ich bin hin und weg von diesem Anblick. Wir wussten nicht, dass er so nah an der Stadt liegt. Nur 30 Kilometer weiter. Es ist heiß und trocken. Wir wollen nicht in der Mittagssonne an der Grenze zum Iran stehen. Schaffen wir aber nicht. Wir kommen natürlich zur Mittagszeit an. Der Grenzübergang ist nur noch 30 Kilometer entfernt Ich bin total gespannt wie die Einreise verläuft. Ich packe meinen Schal in meine Motorradjacke. Meine neue tägliche Kopfbedeckung sobald ich meinen Helm absetzte. Auf der Fahrt gibt es noch einen kurzen Fotohalt vom Ararat und dann heißt es „Welcome to Iran“.

Wir fahren an einer 8 Kilometer langen LKW Schlange vorbei. Vorne heißt es dann erst mal aus der Türkei ausreisen. Geht problemlos. Stempel in den Pass und schon werden wir von einem „Schleuser“ an die „Hand“ genommen, der uns durch die iranische Einreise begleitet. Wir können uns dem nicht entziehen. Wir haben davor davon gelesen und wollten es versuchen alles selbst zu machen, aber der Typ wurde uns zugewiesen. Die Einreise in den Iran mit dem Motorrad geht folgendermaßen ab: Pässe zeigen, dann gibt es so eine Art „Laufzettel“, der von der Passkontrolle bis zum Zoll, Carnet de Passage und Ausreise von etlichen Leuten unterschrieben werden muss. Unser „Schleuser“ macht das mit einer Ruhe und Gelassenheit. Wir warten. Die Pässe gehen durch verschiedene Hände, Till ist dann mal weg, Stempel hier und da und plötzlich heißt es, sie dürfen fahren. 45 Min hat die Einreise gedauert. Wir wechseln bei unserem „Schleuser“ zu einem schlechten Kurs Geld (1 € = 35 000 Rial, wenige Minuten später bietet man mir auf dem Schwarzmarkt 40 000 Rial an), somit hat er seinen Schnitt gemacht aber auch kein extra Geld für seine Leistung mehr verlangt, kaufen uns für 100 € die Green Card (Versicherung für das Motorrad), holen uns unsere letzte Unterschrift, und reisen in den Iran ein. Geschafft. Wir sind im Iran.

Wir fahren erst mal. Schauen uns um. Die Einkaufläden sind ganz anders als in der Türkei. Es gibt keine großen Supermärkte. Nur kleine, und jeder hat von allem etwas. Wir fallen total auf. Selbst beim Überholen rufen die Leute aus dem Fenster „Welcome to Iran“. Sie winken aus den Autos, auf den Straßen, sind total begeistert von dem Motorrad, von der Reise und ganz große Attraktion Tills Haare. Sie sind so fasziniert von Tills Haaren. Jeder will ein Foto machen. Kaum halten wir, kommen Leute zu uns, laden uns zum Tee, zum Essen ein, heißen uns Willkommen, geben uns Essen, machen unsere Taschen mit Sonnenblumenkernen und Süßigkeiten voll. Man kann sich dem nicht entziehen. Die Freundlichkeit der Iraner ist überwältigend und haut uns von den Socken. Wir kommen, wieder mal, gegen Abend in der Großstadt Tabris an. Der Verkehr wird richtig übel. Verkehrsregeln gibt es nicht. Spuren schon lange nicht mehr. Ich sitze hinten und bin so stolz auf Till, der sich da durch den Stadtverkehr mit diesem Monstrum schlägt. Es ist heiß in der Stadt. Der Smog sichtbar und spürbar. Auf der Karte habe ich einen Camping Platz mitten in der Stadt gefunden, den haben wir als Ziel gesetzt. Wir kommen am Camping Platz an. Geschafft von der Fahrt. Der Camping Platz ist nicht zu vergleichen mit den Camping Plätzen, die wir bisher kannten. Was wir bis jetzt nur vom Hörensagen kannten ist die Liebe der Iraner zum Picknicken. Sie Picknicken überall zu jeder Zeit. Der Camping Platz war eine Parkanlage, die zum Picknicken gedacht ist. Auf den Parkplätzen auf dem Boden schlagen die Iraner ihr Zelt auf und auf dem Rasen dürfen die Touristen ihr Zelt aufschlagen. Was für ein seltsames Bild. Erst waren wir uns unsicher. Der Camping Betreiber winkte uns durch, wollte die Pässe von uns aber den Betrag was der Zeltplatz kostete konnte er uns nicht nennen. Wir waren total überfordert. Die Sprache, die lange Fahrt, die Hitze, dann die überschwängliche Freundlichkeit der Iraner. Wir haben noch nicht mal die Motorradjacke ausgezogen, da werden wir schon zum Essen und Tee eingeladen. Ich war so hungrig und habe das Angebot angenommen. Da sitzt man nun auf dieser Picknickdecke mit einer iranischen Familie, die einen über das ganze Gesicht anstrahlt und wird überschüttet mit Fragen auf Persisch!! und schlechtem Englisch, mit Essen, mit Trinken. Der gesamte Camping Platz eilt zu uns heran um uns Willkommen zu heißen, uns zu begrüßen, uns kennenzulernen und natürlich Fotos zu machen. Irgendwann können wir doch noch unser Zelt, auf dem Rasen, aufbauen. Hui, was für ein Start in den Iran.

 

Wir finden am nächsten Tag heraus, das die Camping Plätze im Iran umsonst sind. Wow! Auf dem Camping Platz treffen wir auf andere Overlander. Ein holländisches Pärchen, das mit dem Landcurzer seit 10 Monaten von Südafrika auf dem Weg nach Europa ist, ein weiteres holländisches Pärchen, das mit dem Fahrrad unterwegs ist, und zwei weitere Fahrradfahrer, die seit 5 Monaten on the road sind, mit dem Fahrrad von Deutschland nach Vietnam. Respekt! Wir haben auf unserer Tour schon einige Fahrradfahrer getroffen und sie sind die wahren Könige der Straßen. Wir heben den Hut vor ihnen. Wir verbringen einen schönen Abend mit ihnen, tauschen unsere Reiseerfahrungen aus und hören gebannt den Reisegeschichten zu. Es ist schön, auf andere zu treffen, die das gleiche machen wie wir.

Wir erkunden Tabris, machen uns auf dem Weg einen iranischen Reiseführer zu kaufen, besuchen den Bazar. Wir laufen durch die kleinen Gassen als wir in einer Sackgasse landen. Da kommt eine Frau aus einem Haus, lädt uns zu sich ein. Wir nehmen die Einladung an und lernen ihre gesamte Familie kennen. Es ist so schön. Sie kocht für uns, die Tochter kann sehr gut englisch sprechen. Sie erzählen von sich und haben viele Fragen an uns. Diese Herzlichkeit ist spürbar und ehrlich. Wir fühlen uns wohl und genießen den Nachmittag mit dieser Familie.

Am nächsten Tag packen wir wieder unsere Sachen und machen uns auf in die Berge. Die Landschaft ist wunderschön. Die Berge, die Trockenheit, so habe ich mir den Iran immer vorgestellt und jetzt fahre ich gerade durch dieses schöne Land. Wir fahren den ganzen Tag. Die Straßen waren meißt geteert und gut und plötzlich hören die guten Straßen auf und wir sind offroad unterwegs. Die vollbepackte Maschine bahnt sich ihren Weg. Till meistert diese Strecke sehr gut. Obwohl es nur noch auf Schotter weitergeht und das noch kurvig bergauf und bergab fühle ich mich sicher. Irgendwo im Nirgendwo und bevor die Sonne untergegangen ist schlagen wir unser Zelt auf dem Berg auf. Es windet gut dort oben. Müde fallen wir den Schlaf. Am nächsten Morgen hören wir von draußen jemanden rufen „Salamaleikum“. Ein Hirte mit seinen zwei Eseln steht vor unserem Zelt. Er steigt ab. Spricht natürlich nur Farsi. Kein Wort Englisch. Er schaut sich das Motorrad an. Betrachtet jede Schraube. Till erklärt ihm das Motorrad. Woher wir kommen. Ob er was versteht?! Seine zwei Esel sind schon längst über alle Berge gelaufen. Er steht immer noch gebannt vor uns. Das Handy klingt. Nein, bestimmt nicht unseres. Seins! Ja, auch die Hirten sind mobil unterwegs. Wenige Minuten später steht der zweite Hirte da. Auch er, total verblüfft von dem was er da sieht. Sie wollen natürlich Fotos von uns haben. Die Handys werden gezückt und dann gibt’s ein Fotoshooting. Zwei Hirten und wir mitten auf auf dem Berg irgendwo im nirgendwo. Wir packen unser Zelt und fahren weiter die Schotterpiste entlang. Wir wollen nach Masuleh. Eine 1000 Jahre alte Stadt, die terassenförmig in den steilen Abhang hineingebaut wurde. Wegen des Gefälles dienen die Dächer teilweise sogar als Straßen der höheren Etage. Diese Städtchen wollen wir uns anschauen, was auch ein beliebter Touristenort ist. Auch einen Ölwechsel wollen wir vornehmen, der schon längst überfällig ist. In Khalkhal wollen wir Rast machen. Kaum geparkt schon parkt neben uns ein Motorradfahrer. Er spricht Englisch, sein Bruder wohnt in Bonn. Wir kommen ins Gespräch. Till fragt, ob es möglich sei hier einen Ölwechsel vorzunehmen. Kein Problem. Er hat einen Kumpel mit einer Werkstatt, wir sollen ihm hinterherfahren. Das machen wir auch. Die Werkstatt ist um die Ecke, klein und wenigen Minuten hat sich eine Menschentraube um uns gebildet. Der Besitzer der Werkstatt macht den Ölwechsel in wenigen Minuten. Fotoshooting mit Till, plötzlich war da auch noch die Presse da, die einen Bericht über uns schreiben möchte, alle ganz herzlich und hilfsbereit. Sie fragen uns wohin wir wollen und wir sagen, wir sind auf dem Weg nach Masuleh. Oh toll Masuleh, sie kommen mit. Und im nu hatten wir unsere erste Motorrad Gang, die sich sehen lassen konnte. Acht Männer auf dem Motorrad, aus einem kam nur schwarzer dunkler stinkender Rauch, aber kein Problem. Sie wollen uns auf dem Weg nach Masuleh begleiten. Sie hätten gerade eh nichts vor. Die nächsten Stunden sollten die tollsten und witzigsten Stunden der gesamten bisherigen Reise werden. Auf Offroad Straßen ging es vier Stunden durch die Berge. Wetterlage war alles dabei. Heiß angefangen, kühler geworden, Gewitterwolken und Regen vor uns, Nebel, schwül, alles klebt. Die Truppe war durchweg am Start. Hier und da ein paar Fotos gemacht, Hupkonzerte, aufeinander gewartet, gemeinsam gegessen, gelacht, quatsch gemacht, sogar getanzt, eine herrliche Stimmung. Erst hatten wir ein schlechtes Gewissen, weil sie den gesamten Weg durch die Berge in der Dunkelheit wieder heimfahren mussten, aber sie haben uns begleitet bis zum Schluss. Wir kamen abends in Masuleh an. Das kleine Städtchen war voll mit Touristen und es war sehr schwül. Alles klebte an unserem Körper. Die Stadt war hübsch anzusehen. Interessant die Terassenform, wie sie in den Berg gebaut wurde. Es gab noch einen Abschiedstee und sie haben sich bemüht noch einen Schlafplatz für uns zu organisieren. Eine ganz tolle Truppe war das. Wir hatten einen ganz besonderen Tag mit ihnen verbracht.

10 Kilometer weiter gab es einen Camping Platz, wo man in kleinen Hüttchen schlafen konnte. Diese Hüttchen sind sehr beliebt bei den Iranern. Sie picknicken, schlafen, chillen darin. Man findet sie überall. Die Hütten sind offen und mit Tüchern bedeckt. Wir mussten also das Zelt nicht auspacken sondern haben uns nur in unsere Schlafsäcke gepackt. Naja. Schwülheiß, Wasser überall, alles offen, ganz viele Mücken. Mich hat es in dem Schlafsack nicht lange gehalten, dafür hatte ich am nächsten Tag unzählig viele Stiche.

Wir wussten nicht, dass es in der Region so schwül war. Am nächsten Morgen war einfach alles nass. Die Gegend gleicht einem Tropenwald. Ich weiß nicht ob man sich das vorstellen kann, aber in feuchte Motorradklamotten zu stecken ist bäh. Der Nebel hing dick über den Bergen und Masuleh war in dieser dicken Nebelwand versteckt. Dieser Tag war so ein Tag für die Tonne. Die nächste Kilometer mussten wir auf der Autobahn fahren. Der Verkehr war grausig. Wir sind auf der Strecke nach Qasvin nur durch „Durchgangsstädte“ gefahren, die weder Hotels noch Camping Plätze hatten. Wir waren schon leicht abgenervt von der Fahrt, müde und dreckig. Endlich kommen wir in Qasvin an. Ich organisiere ein Hotel. Till hat heute viel geleistet.

Qasvin hat einen wunderschönen Bazar mit einer noch schöneren Moschee., die wir am nächsten Tag besuchen. Wir flanieren erholt vom gestrigen Tag durch den Bazar und Till macht tolle Fotos. Wir sind so gut wie auf dem Weg nach Teheran, der Hauptstadt Irans. Dort dürfen wir bei Tills ehemaligen Mitbwohner Merdath ein paar Tage verbringen, der mit seiner Familie dort wohnt. Wir hätten ja die Autobahn nehmen können und wären von Qasvin in zwei Stunden in Teheran gewesen. Till will aber nicht den schnellen und einfachen Weg, nein, er will den langen und schöneren :) Es geht durch das Alamut Valley. Was uns da erwartet ist eines der schönsten Landschaften auf unserer Reise. Das Bilderbuch Iran: Reisterassen, grüne Oasen, trockene Berge, verschieden Bergformationen, Gesteine, Wasserfälle. Traumhaft. Wir fahren, stauen, sind begeistert. Es geht bergauf, bergab. Die Straßen sind gut. Wir wollen im Tal am Fluss campen und fragen in einem kleinen Dorf, ob wir am Reisfeld unser Zelt aufschlagen dürfen. Kein Problem. Der Reisbauern sind gerade bei der Ernte und arbeiten fleißig. Sie sind aber interessiert an uns, kommen zu uns, laden uns in ihr Haus ein. Sie sind so herzlich, dass wir überwältigt sind von so viel Herzlichkeit. Das Wetter ist super, in der Nacht kühlt es ab. Zum Frühstück gibt es frische Tomaten von der Reisbäuerin und Honigbrot. Gestärkt fahren wir zu der Alamut Burg, auch Adler Burg genannt, weil sie auf dem Gipfel gebaut wurde. Das geht natürlich nicht mit dem Motorrad sondern nur zu Fuß und auch noch mit Eintritt. Puh, was für ein Aufstieg, zwar ist von der Burg nicht viel zu sehen, aber der Ausblick von oben ist grandios. Ein paar Schnappschüsse und wieder runter.

Heute geht es mit dem Motorrad richtig rauf auf den Berg. Eine der schönsten und atemberaubensten Bergfahrten erwartete uns. Wir schrauben uns rauf, immer höher. Oben kommen wir auf einem Plateu an. Eigentlich haben wir eingekauft um selbst zu kochen, aber auch hier oben werden wir zum Essen eingeladen. Das Fleisch schmeckt wirklich sehr gut. Wild. Die Sonne ist schon untergegangen dennoch entscheiden wir uns noch ein paar Kilometer zu fahren. Es wird spürbar kühler hier oben. Das wird eine kalte Nacht. Wir sind bestimmt auf 3500 Meter. Die Straße wird schlechter, Till biegt ab auf eine noch kleiner Schotterpiste und wieder irgendwo auf dem Berg halten wir an und stellen unser Zelt auf. Die Nacht ist sternenklar. Die Fotos, die Till in dieser Nacht schießt sind wunderschön. Die Schlafsäcke sind bis oben zu, der Mond erhellt die Nacht, es ist kein Mucks zu hören. Absolute Stille, die ganze Nacht lang.

Am nächsten Morgen klettern wir zum Sonnenaufgang den Berg hinauf. Hui. Ganz schön anstrengend geworden. Die ersten Sonnenstrahlen sind auf den Gipfeln zu sehen, langsam geht die Sonne auf, ein wirklich einzigartiger Moment so ganz allein hier oben. Wir packen unser Basislager wieder zusammen, frühstücken das, was gestern als Abendessen gedacht war und dann geht es von den trocken Bergen der einen Seite auf die feuchte heiße andere Seite wieder herunter. Mit jedem Höhenmeter nach unten wird es wärmer. Was wir die letzten Tage an Höhe und Temperaturunterschieden erlebt haben. Der Weg bleibt schlecht bis wir ganz unten angekommen sind. Unten treffen wir einen Belgier, der mit dem Motorrad Iran bereist. Der erste Motorradfahrer auf Reisen.

Die Straße führt nur an die Küste ans Kaspische Meer nach Tonekabon. Dort erwartet uns wieder Hitze und alles wird wieder Klamm. Die Häuser ähneln asiatischen Häusern, total witzig. Von Tonekabon geht es über die offizielle Hauptstraße nach Teheran, genauer gesagt nach Fasham, einem Vorort Teherans. Die Bergfahrt ist toll. Die Hitze bleibt aber es wird trockener. Abends in Fasham angekommen versuchen wir unseren Freund Mehrdad zu erreichen, dass wir angekommen sind. Dabei findet Till neue Freunde. Die gesamte Polizeimannschaft :) Merdath holt uns ab. Wir freuen uns so arg ihn zu sehen und seine Familie kennenzulernen. Jetzt können wir uns für ein paar Tage bei ihnen erholen. Was für ein Segen nach Wochen des Fahrens und Reisens.

Teheran. Hauptstadt Irans mit ca. 20 Millionen Einwohnern. Diesmal geht es mit dem Auto in die Stadt. Seit langem mal wieder. Eine Stunde mit dem Auto an den Stadtrand fahren und eine weitere Stunde um mit der U-Bahn in die Stadtmitte zu fahren. In der Stadt ist es nochmal heißer. Menschen drängen sich durch die Straßen. Wir besuchen den Golestan Palast mit seinen viele Spiegelsälen, naschen Karottensaft mit Eis (mein neues Lieblingsessen) und haben ein wundervolles Abendessen.

Am nächsten Tag einfach mal ausschlafen, chillen, schreiben, genussvoll essen, Nachmittagsschlaf!!!, wandern (Till). Ein Urlaubstag. Herrlich. Die Familie von Mehrdad ist so lieb zu uns. Danke!

Wir verabschieden uns dankend bei Merdahts Familie und sind wieder on the road. Ein gutes Gefühl wieder frisch gepackt auf dem Weg zu sein. Uns zieht es in die Wüste. Wir waren auch kurz da bis wir vor einem Militärgelände standen. Zutritt verboten. Dann halt über einen Umweg.

 

Auf dem Weg Richtung Süden, das Militärgelände zu umfahren und von der anderen Seite in die Wüste zu kommen, machen wir einen Halt ein Qom, die Pilgerstätte der Iraner. Was wir sehen ist atemberaubend. Wir erhalten sogar unseren eigenen thailändischen Führer, der uns durch die Moschee begleitet und uns im besten Englisch die Geschichte erzählt. Ich das erste Mal in Ganzkörpertuch umhüllt. Wir bleiben aber nicht in Qom sondern wollen Richtung Wüste fahren. Da es bereits um 18 Uhr dunkel wird beschließen wir über Nacht in Kashan zu campen. Ganz toll im Iran: Die städtischen Campingplätze sind umsonst und gesichert.

Wüste. 40 Grad im Schatten. Wüste. Kein Schatten dafür ein gebrochenes Federbein. Mitten in der Wüste, 10 km vor unserem Ziel Marenjab, einer Wüstenstadt, macht es ratsch und wir sitzen eine Etage tiefer. Komisches Gefühl war das. Man spürt den Bruch und es tut einem selbst weh. Nach dem ersten Schrecken und der Gewissheit hier hilft auch kein Klebeband mehr heißt es für uns warten. In weiser Voraussicht haben wir uns gut mit Wasser eingedeckt, aber die Sonne hat in der Wüste kein Erbarmen für zwei gestrandete Reisende und einem kaputten Motorrad. Till ist enttäuscht von dem Federbein. Es ist neu und wurde kurz vor der Reise, speziell für solche Reisen eingebaut. Und gehalten hat sie keinen Wüstenritt.

 

Wir suchen Schutz im schmalen Schatten den das Motorrad wirft. In der Wüste ist es ganz still. Ab und zu pfeift der Wind an einem vorbei, aber ansonsten ist es einfach stumm. Die Hilfsbereitschaft der Iraner kennt auch in der Wüste keine Grenzen. Drei Autos kommen an uns vorbei. Man versorgt uns mit Wassermelone und verspricht uns, dass uns jemand mit dem Pickup abholen wird. Die Wassermelone war ein Hochgenuss, auch die schmelzende Schokolade, die wir noch dabei hatten. Das Motorrad machte einen erbärmlichen Eindruck. Ich stellte mir schon Horrorzenarien aus: Federbei in Deutschland per Express nach Tehran versenden lassen, Motorrad nach Tehran (200 km) abschleppen lassen, wir mit, in Tehran eine gute Werkstatt finden, die sich auch mit solch großen Motorrädern auskennt, richten lassen, warten, Tage verlieren und und und. Da sieht man erst mal wie abhängig wir von dem Motorrad sind. Eine weiterreise wäre so undenkbar gewesen und somit auch keine weiterreise für uns.

 

Der Abschlepper kam auch nach gefühlt vielen Stunden und so kam es, dass wir aus der Wüste abgeschleppt wurden. Die Fahrt war ein reinstes gepoltere und geschunkele. Till saß vorne, ich hinten beim Motorrad. Unser Abschlepper konnte natürlich kein Wort Englisch aber irgendwie kann man sich dennoch verständigen. Er hat uns in eine kleine Werkstatt gefahren. Dort fand sich natürlich ganz schnell jedermann, die helfen wollten und es natürlich besser wussten. Das Federbein war im Nu aus dem Motorrad heraus montiert, dann hier und da gefachsimpelt, auf Farsi versteht sich, und dann kam die Flecks. Ich konnte gar nicht hinsehen. Alles ging so schnell. Natürlich wurden zwischendurch Fotos gemacht. Das Ende dieser Tagesgeschichte war dieser: Wir wurden bei der Familie des Abschleppers zum Übernachten eingeladen und Till kam dann in der Nacht tatsächlich noch auf dem Motorrad fahrend!! Unglaublich. Hier funktioniert alles noch mit dem guten alten Schweißgerät. Wir sind nach einem Federbeinbruch in der Wüste am nächsten Tag wieder on the road........um wenige Stunden danach wieder auf vier Rädern abgeschleppt zu werden.

 

Abschleppdienst Klappe die Zweite: Zuversichtlich und dankbar für die schnelle Reparatur und die Gastfreundschaft fahren wir Richtung Isfahan um eigentlich eine Bergtour zu unternehmen. Wir sind keine 30 Kilometer gefahren da verliert das Motorrad plötzlich an Leistung. Wir kommen nicht mehr über 3000 Umdrehungen. Wir schleppen uns mit Mühe an die nächste Tankstelle. Jetzt war guter Rat teuer. Erst mal in Schatten. Liegt es an der Benzinpumpe? Relais? Motor? Uns wurde der Tipp gegeben das Benzin abzulassen und neues Benzin reinzufüllen. Der Sprit ist hier zwar unverschämt günstig, aber leider mischen einige Tankstellen, vor allem die kleinen, Wasser mit ins Benzin. Gut das wir gerade voll getankt hatten. Also Behälter aufgetrieben und erst mal 20 Liter Benzin abgelassen. Das dauert. Frisches Benzin rein. Vollgetankt. Es läuft. Aber so 100% waren wir nicht davon überzeugt dass es damit schon erledigt sein sollte. Wir fahren erst mal weiter. Keine 30 Kilometer das selbe Spiel. Das Motorrad säuft uns mitten auf der Autobahn einfach ab. Keine Leistung da. Wir sind verzweifelt. Die Bergfahrt können wir auch erst mal vergessen, das Motorrad muss in eine Werkstatt. Wir halten unter einer Brücke. Leicht verzweifelt schauen wir uns an. Wir stehen keine drei Minuten, da hält ein Kleintransporter. Ob wir Hilfe bräuchten? Ob er uns mitnehmen soll? Er fährt nach Isfahan. Perfekt. Total unkompliziert und hilfsbereit. Ein weiteres Auto wird kurzerhand angehalten. Das Motorrad muss auf die Ladefläche hochgehoben werden. Gar nicht so leicht so ein Geschoss zu heben. Drei Männer und ich geben alles. Und schon sitzen wir bei Hamed im LKW auf dem Weg nach Isfahan. Vor uns liegen 100 Kilometer fahrt, die wir mit lauter iranischer Popmusik und Tanzeinlagen verbringen. Total witzig. Was wird passieren wenn wir in Isfahan ankommen? Wie wird das Problem zu beheben sein? Und wer findet heraus welches Problem die Maschine überhaupt hat? Gibt es überhaupt in Isfahan jemanden, der sich mit der Maschine auskennt? Da kamen schon wieder die Fragen. Aber laut dem Motto: no problem vertrauen wir darauf, dass sich auch diesmal eine Lösung finden wird.

 

Hamed transportiert Allumminiumstangen von Tehran nach Isfahan. Eigentlich hat er IT studiert aber macht sein Geld mit Transportgeschäften. Wir fahren in Isfahan ein. Das erste Mal nicht mit dem Motorrad. Auch ein seltsames Gefühl. Aber wir sind froh, dass wir überhaupt da sind. Nachdem Hamed sein Transportgut abgeliefert hat will er uns zu einem Freund fahren, der sich mit Motorrädern auskennt. Hui. Was wird da auf uns zukommen. Theoretisch könnten wir mit ihm auch wieder nach Tehran zurückfahren, dort in der Hauptstadt wird sich bestimmt jemand mit dem Motorrad auskennen. Aber erst mal kann sich ja der Freund das Motorrad ansehen. Wir kommen in einer Hinterhof-Metall-CNC-Werkstätte an. Auch hier erst mal großes Aufsehen wegen uns. Schon allein der Africa Twin wegen. Die Motorräder hören hier bei 125 cc auf. Größere Motorräder sind nicht erlaubt. Da kommen nun wir, vollbepackt mit einer 750 cc Maschine. Sobald man in so einer Situation steckt muss man Ruhe bewahren. Alle reden nämlich auf einen ein und jeder will helfen. Erschwert wird das ganze mit der Sprachbarriere aber ein Englischsprechender findet sich so gut wie immer. Man kann und will und wird uns helfen. Die Maschine wird abgeladen und dann wird jemand angerufen der jemanden kennt, der jemanden kennt, der sich mit solch einer Maschine auskennt. Diese Methode funktioniert tatsächlich hervorragend. Uns wird erst mal Tee und süße Stückchen angeboten und dann heißt es warten. Das Motorrad wird in die CNC Werkstatt geschoben. Alles kein Problem. Es wird jemand kommen. Das ist total aufregend. Man lässt der Situation freien Lauf. Da ist kein Angst oder Bangegefühl. Keine Panik sondern man sieht zu, wie sich langsam eine Lösung aus dem Schlamassel entwickelt. Langsam aber immer klarer werdend. Das ist total faszinierend. Die Menschen geben hier einem das Gefühl von Verständnis und Fürsorge. Es gibt kein Problem. Wieso denn auch. Das Problem besteht nur in unserem Kopf weil wir ständig vom schlimmsten ausgehen. Wir machen uns die Problem selbst indem wir überlegen welche Probleme entstehen könnten!! und weiterspinnen und weiterphantasieren.

 

Wir sitzen da, in einer CNC Werkstatt, mit einem defekten Motorrad. Wie löst sich nun das Problem? Es kennt jemand, der einen kennt, der einen kennt, der sich mit dem Motorrad auskennt und der ist plötzlich da. Ein junger Typ, der sich auch gleich an die Maschine ranwagt. Sagenhaft ihm zusehen. Ein Wirbelwind. Erst dachte ich. Ohje. In der Ruhe liegt die Kraft. Egal. Er ist der Fachmann. Er arbeitet wie er eben arbeitet. Wir haben ihn „speedy mechanic“ getauft. In Deutschland hätte er aufjedenfall eine gut florierende Werkstatt. Der Typ war der Hammer. Der Vergaser wurde ausgebaut und gesäubert. Man brachte ihm die Werkzeuge, die er brauchte und er hantierte in dieser so untypischen „Werkstatt“, die eigentlich keine war, mit seinen flinken Händen an dem Motorrad herum. An dem Vergaser lag es nicht, an der Benzinpumpe auch nicht, kurz in den Schaltplan reingeschaut, den Till zum Glück als pdf Datei auf dem Netbook hatte, Abdeckung zum Relais aufgeschraubt und siehe da, kleines Problem so große Wirkung: gebrochenes Kabel am Relaisstecker. Die Benzinpumpe hat keinen Strom gekriegt und somit ist das Benzin nicht zum Motor geflossen. Problem gelöst. Und das noch am selben Tag. Es kommt noch besser. Ali, der seine CNC Werkstatt nebenan hatte und uns mit Englisch aushelfen konnte lädt uns zu seiner Familie. Wir sind sein Gäste. Wir dürfen bleiben so lange wir wollen. Wir sind sprachlos. Da wir jetzt schon den besten Mechaniker an der Hand hatten, bitten wir ihn am nächsten Tag die Maschine komplett zu machen: Reifen und Ritzel sollen endlich umgetauscht werden. Wir fahren sie auch schon einige Kilometer weit mit. Gebongt. Am nächsten Tag steht das Motorrad wieder 1a da. Neues gutes Öl, neue Reifen, neues Ritzel, neue Kette. Wir sind so dankbar und glücklich. Jetzt könne wir die bezaubernde 1001 Nacht Stadt Isfahan genießen und verbringen tolle Tage mit Ali und seiner Familie. Wir kommen mit nichts und kriegen so viel. Vielen dank für die Zeit mit euch.

 

Ab in die Berge. Ab in den Westen Irans. In den wilden Westen wo noch Nomaden mit ihren Herden herumziehen, die Flüsse blau schimmernd durch die Täler fließen und die Berge über alles thronen. Es geht ganz schön hoch hinaus. Da wir langsam an Höhe gewinnen, kriegen wir gar nicht mit, wie hoch wir eigentlich sind. Die Berge um uns sind teilweise bis zu 4500 Meter hoch. Wir campen am Fluss bei klirrender Kälte, werden von Hirten mit seiner Schafherde am nächsten Morgen geweckt, fahren offroad durch das Gebirge, erkunden Berg und Tal. Campen in einer Gebirgssackgasse und werden mitten in der Nacht von zwei Männern mit Schrotflinte geweckt, die uns anfangs einen Schrecken einjagen, sich aber nur wundern, wieso wir nicht bei ihnen im Haus schlafen statt hier draußen. Sie seien auf der Jagd. Leider haben wir anscheinend mit unserer Anwesenheit das Wild verscheucht. Am nächsten Morgen treffen wir die beiden wieder. Unser Farsi Vokabular beschränkt sich auf Salamaleikum (Hallo), Merzi (Danke) und Nan (Brot). Aber die Verständigung klappt trotzdem. Zwei Freunde kommen hinzu. Es wird gemeinsam gefrühstückt. Bei schönster Kulisse. Sagenhaft. Jeder hat sein eigenes Teeservice dabei. Es wird Feuer gemacht und Tee gekocht. Jeder legt das in die Mitte was er hat, es wird geteilt und gemeinsam gelacht. Kann es etwas schöneres geben.

Der wilde Westen verzaubert uns mit seiner Landschaft. Kurz vor Sonnenuntergang halten wir in einem kleinen Dörfchen nahe Galath, kurz vor Shiraz. Im Nu sind wir wieder bei einer Familie eingeladen. Wir sind ihre Gäste und sollen bleiben. Wir erfahren von einem Ortsansässigen, dass sich hier viele Nomadenfamilien niedergelassen haben und erzählt uns vieles über Kultur und Tradition der Nomaden. Wie es der Zufall so will ist der Mann, der uns eingeladen hat auch noch Schweißer. Am nächsten Morgen erhält das Motorrad am Koffergestell eine Stabilisierung, sodass beim Fahren die Vibration nach vorne nicht mehr so stark ist. Ein besseres Fahrgefühl für Till, eine Nomadenfestagstracht für mich :)